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Viva

Autor
Deville, Patrick

Viva

Untertitel
Roman. Aus dem Französischen von Holger Fock und Sabine Müller
Beschreibung

Die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts:. „In Nicaragua herrscht Diktator Somoza, in Italien der Faschismus, in Deutschland der Nationalsozialismus und in Russland der Stalinismus. Spanien befindet sich im Bürgerkrieg.“ Anarchisten, Anarcho-Syndikalisten, Surrealisten, Schriftsteller, Fotografen und verfolgte Politiker fliehen auf oft verschlungenen Wegen und mehr oder weniger abgewrackten Schiffen um die halbe Welt und landen in Tampico. Hier treffen oder verfehlen sich unter anderem Jack London, B. Traven, Graham Greene, Blaise Cendrars, André Breton, Antonin Artaud, und vor allem: „Trotzki geht in Mexiko von Bord, Malcolm Lowry schreibt den Vulkan.“
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Bilgerverlag, 2017
Seiten
256
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-03762-062-5
Preis
24,90 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Patrick Deville, grosser Reisender, mit dem Esprit des Kosmopoliten, wurde 1957 geboren. Er leitet das Maison des Ecrivains Etrangers et Traducteurs (MEET) in Saint Nazaire. Deville ist einer, der sich Zeit nimmt dem Rauschen der Zeit und dem Murmeln der Gespräche zuzuhören. Sein Werk, das ein gutes Dutzend Romane umfasst, wurde in bisher zehn Sprachen übersetzt

Zum Buch:

Die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts:. „In Nicaragua herrscht Diktator Somoza, in Italien der Faschismus, in Deutschland der Nationalsozialismus und in Russland der Stalinismus. Spanien befindet sich im Bürgerkrieg.“ Anarchisten, Anarcho-Syndikalisten, Surrealisten, Schriftsteller, Fotografen und verfolgte Politiker fliehen auf oft verschlungenen Wegen und mehr oder weniger abgewrackten Schiffen um die halbe Welt und landen in Tampico. Hier treffen oder verfehlen sich unter anderem Jack London, B. Traven, Graham Greene, Blaise Cendrars, André Breton, Antonin Artaud, und vor allem: „Trotzki geht in Mexiko von Bord, Malcolm Lowry schreibt den Vulkan.“

Diese beiden Ereignisse, die im Grunde nichts, aber in diesem Buch auch gleichzeitig alles miteinander zu tun haben, werden bei Deville zum Ausgangspunkt einer schwindelerregenden Tour de Force durch die Geschichte der politischen und kulturellen Revolutionsbewegungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und ihrer Protagonisten, die in Mexiko Asyl finden. In gelegentlich verblüffend abrupt eingefügten Vor- und Rückblenden erzählt Deville den Lebensweg der außergewöhnlichen Männer und Frauen, die sich hier sammelten, beschreibt die zahlreichen, oft unwahrscheinlichen Begegnungen, zu denen es hier kommt – wenn etwa Sandino auf B. Traven, Traven wiederum auf den Schriftsteller und Boxer Arthur Cravan trifft–, die künstlerischen und politischen Auseinandersetzungen, leidenschaftlichen Affären, erbitterten Streitereien, Alkohol- und Drogenexzesse. Ständig wechselt er die Perspektive: mal fahren wir mit General Trotzki in seinem gepanzerten Zug durch das Russland der Revolution, mal mit dem Autor auf derselben Strecke heute. Mal begleiten wir den total betrunkenen Lowry bei der Arbeit an seinem Meisterwerk Unter dem Vulkan, mal stecken wir mitten in diesem Roman und begleiten dessen Hauptfigur, den Konsul, auf dem Weg zu seiner Ermordung. Bei diesem ständigen Wechsel kann es dem Leser gelegentlich schwindelig werden, aber das schmälert den Sog, den das Buch auslöst, keineswegs.

Viva ist, das muss gesagt werden, keine leichte, aber eine sehr lohnende Lektüre, die dazu bei aller Irritation ausgesprochen Spaß macht. Und zumindest mich dazu gebracht hat, im Bücherregal nach den AutorInnen und Titeln zu suchen, die hier genannt wurden und plötzlich eine völlig andere Bedeutung bekommen. Das Buch ist das außergewöhnlichste, das ich seit langem gelesen habe, es lässt sich in kein Schema einordnen, macht große Lust auf die anderen Bücher des Autors, eröffnet einen neuen Blick auf die Welt und lässt den Leser bereichert zurück – was will man mehr?

Irmgard Hölscher, Frankfurt am Main