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Autor
Schweingruber, Alan

Simona

Untertitel
Roman
Beschreibung

„Bei dem Anschlag in Nizza am 14. Juli 2016 fuhr der Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel auf der Promenade des Anglais mit einem Lkw durch eine Menschenmenge. (…).“ So beginnt der entsprechende Wikipedia-Eintrag. An diesem Tag starben nicht nur 86 Menschen und wurden über 400 verletzt, auch die französische Nation und unser aller Vertrauen in fröhliche Großveranstaltungen unter freiem Himmel wurde nachhaltig verletzt.

Alan Schweingruber nutzt diesen Tag in Nizza in seinem Debütroman als Folie für eine individuelle Geschichte über eine junge Frau, deren Mann und kleine Tochter durch einen glücklichen Zufall eben nicht Opfer des Attentats wurden.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Weissbooks, 2018
Format
Gebunden
Seiten
213 Seiten
ISBN/EAN
978-3-86337-170-8
Preis
22,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Alan Schweingruber, geb. 1972 in Solothurn, lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Kilchberg bei Zürich. Nach einer kaufmännischen Ausbildung und längeren Aufenthalten in Spanien und Frankreich
arbeitete er als Journalist bei verschiedenen Schweizer Tageszeitungen und Magazinen; derzeit ist er für das FIFA-Magazin tätig. Simona ist sein erster Roman.

Zum Buch:

„Bei dem Anschlag in Nizza am 14. Juli 2016 fuhr der Attentäter Mohamed Lahouaiej Bouhlel auf der Promenade des Anglais mit einem Lkw durch eine Menschenmenge. (…).“ So beginnt der entsprechende Wikipedia-Eintrag. An diesem Tag starben nicht nur 86 Menschen und wurden über 400 verletzt, auch die französische Nation und unser aller Vertrauen in fröhliche Großveranstaltungen unter freiem Himmel wurde nachhaltig verletzt.

Alan Schweingruber nutzt diesen Tag in Nizza in seinem Debütroman als Folie für eine individuelle Geschichte über eine junge Frau, deren Mann und kleine Tochter durch einen glücklichen Zufall eben nicht Opfer des Attentats wurden. Ein ausgeschlagener Zahn, eine spontane Entscheidung, ein paar wenige Augenblicke retten diese beiden Leben. Simona aber, die junge Protagonistin des gleichnamigen Romans, war an jenem Tag nicht in Nizza, sondern hat sich der empfundenen Enge ihres Familienlebens für ein paar Tage entgezogen, einen Zettel und einen etwas erstaunten Ehemann mit der Tochter im gemeinsamen Familienurlaub zurückgelassen. Sie mietet sich in einem kleinen Hotel nicht weit von Nizza ein, trifft dort zufällig ihren Fitnesstrainer und verbringt in alkoholisierter Feierstimmung spontan die Nacht mit ihm. Natürlich erfährt sie am kommenden Tag vom Anschlag auf die Promenade des Anglais, durchlebt Stunden der Angst, in denen sie ihren Mann nicht erreicht, und Momente, in denen sie in Gedanken schon mit der Schuld ringt, den Tod ihrer Familie nicht verhindert zuhaben.

Die kleine Familie zerbricht an diesem Ereignis. Ob an dem Seitensprung, der ans Licht kommt, oder an der Katastrophe, der sie nur knapp entronnenist, bleibt offen. Simona scheitert zunehmend an der Bewältigung des Alltags, ist nicht mehr in der Lage, ihrem Job oder ihren Mutterpflichten nachzugehen. Der wiederholte Versuch, zu sich zu kommen, misslingt. Die Konturen des eigenen Lebens verschwimmen, und sie verliert sich zunehmend. Sie verlässt die Schweiz und kommt zur Untermiete bei einer alten Frau in einem kleinen Ort in Südfrankreich unter. Sie lernt Antoine kennen, der dort in einer Bar arbeitet und dem der Ruf eines Filous vorauseilt. Die Annäherung zwischen den beiden verläuft stockend und ist alles andere als eine flirrende Sommerromanze vor idyllisch mediterraner Kulisse. Hier treffen zwei Verletzte aufeinander, die sich einander nur zögerlich öffnen und von ihren jeweiligen Verletzungen immer wieder in ein Vakuum gezogen werden, in dem sie auch füreinander unerreichbar sind. Diese innere Haltlosigkeit der Figuren, ihre Unfähigkeit, Erinnerungen und Schuld hinter sich zu lassen, werden vom Autor eindringlich, aber gänzlich unemotional beschrieben. Der kühle Grundton, der sich durch das ganz Buch zieht, verweist auf die Universalität der Geschehnisse. Jeder Mensch trifft Entscheidungen, kleine und große, und die allermeisten davon müssen wir im Nachhinein weder rechtfertigen noch hinterfragen. Andere hingegen haben erschütternde Folgen für ein ganzes Leben.

Simona ist der erste Roman des 1972 in der Schweiz geborenen Autors Alan Schweingruber. Wie man auf seiner Webseite nachlesen kann, begann er 2016 kurz nach einem Sommerurlaub in Nizza mit der Arbeit an diesem Buch. Sein Appartement befand sich an der Promenade des Anglais, wo zwei Wochen nach seiner Abreise der Terroranschlag stattfand.

Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt