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Das Tal des Todes

Autor
Westerman, Frank

Das Tal des Todes

Untertitel
Eine Katastrophe und ihre Erfindung. Übersetzt von Verena Kiefer und Thomas Hauth
Beschreibung

Am Ende eines geschäftigen Markttages im Nyos-Tal sind am 21. August 1986 zwischen neun und zehn Uhr abends explosionsartige Geräusche zu hören. Am gleichen Tag noch sterben mehr als 1700 Menschen, Vögel fallen vom Himmel, Rinder, Paviane und andere Tiere verenden auf den niedrig gelegenen Wiesen. Bis heute ist ungeklärt, was diese Katastrophe ausgelöst hat. Frank Westerman, investigativer Journalist und mehrfach ausgezeichneter Sachbuchautor, ist den Spuren des Entsetzens, des Verlusts und der Aufklärung möglicher Ursachen gefolgt.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Christoph Links Verlag, 2018
Seiten
328
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-96289-012-4
Preis
22,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Jahrgang 1964, Studium der Hydrotechnologie an der Landwirtschaftlichen Universität Wageningen, Beschäftigung mit russischer Literatur und den Thesen Wittfogels über die Ursprünge des orientalischen Despotismus, Arbeit als Entwicklungshelfer bzw. freier Journalist u.a. in Kamerun, Kuba, Mexiko, Sierra Leone und im ehemaligen Jugoslawien, von 1997 bis 2000 Korrespondent in Moskau für die große niederländische Abendzeitung NRC Handelsblad. Seine Bücher wurden in 16 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet. Im Ch. Links Verlag erschienen: »Ingenieure der Seele« (2003), »El Negro« (2006), »Ararat« (2008), »Das Getreideparadies« (2009) und »Reden. Reden? Reden!« (2016).

Zum Buch:

Am Ende eines geschäftigen Markttages im Nyos-Tal sind am 21. August 1986 zwischen neun und zehn Uhr abends explosionsartige Geräusche zu hören. Am gleichen Tag noch sterben mehr als 1700 Menschen, Vögel fallen vom Himmel, Rinder, Paviane und andere Tiere verenden auf den niedrig gelegenen Wiesen. Bis heute ist ungeklärt, was diese Katastrophe ausgelöst hat. Frank Westerman, investigativer Journalist und mehrfach ausgezeichneter Sachbuchautor, ist den Spuren des Entsetzens, des Verlusts und der Aufklärung möglicher Ursachen gefolgt.

Mehr als 30 Jahre nach dem verheerenden Unglück sind aus den angeblichen Fakten verschiedenste Geschichten entstanden. Der Autor hat in diesem Zeitraum immer wieder aufs Neue den Entwicklungsprozessen dieser Geschichten nachgespürt, vor Ort, in Interviews, mit Zeitzeugen. Er hat aber auch hinter den Bühnen von Politik, Wissenschaft und Landesgeschichte genauestens recherchiert und fördert einige – vielleicht übersehene oder bewusst übergangene – Skandale zutage.

Die Wissenschaft beispielsweise war sich schon kurz nach Bestandsaufnahmen vor Ort in keiner Weise darüber einig, ob Menschen und Tiere an einer Kohlendioxidwolke gestorben sind oder ob ein anderes, aus dem Nyos-See ausgetretenes Gas zu dem Massensterben geführt hat. Mit den hinter den Wissenschaftlern aufgestellten Interessen Frankreichs, der USA und Englands, um nur einige Länder zu nennen, wurden einige Thesen schwerer gewichtet als andere – wobei das mit wissenschaftlichen Untersuchungswerten herzlich wenig zu tun hatte. Letztendlich begann die Mythenbildung genau da, wo man sie am wenigsten vermutet hätte: Bei der bewusst gesteuerten Anordnung von Fakten.
Protestantische, katholische und muslimische Geistliche waren die ersten, die Hilfe leisteten. Sie ersetzten regionale Mythen, die der Katastrophe einen Sinn zu geben versuchten, durch die Mythen ihrer jeweiligen Religion und entwurzelten so einen Großteil der Hinterbliebenen auf geistige Weise.

Die letztendlich ermittelten politischen Fakten lassen die Wahrscheinlichkeit einer Naturkatastrophe wie auch die eines Giftgas-Einsatzes von israelischer Seite sinken und fördern eine weitere, unter vielen Geschichten lange verborgen gehaltene Erklärung der Katastrophe zutage.

Dieses Buch, das sich so spannend liest wie ein Kriminalroman, geht nicht nur der Frage nach, was diese Katastrophe ausgelöst hat. Es beinhaltet auch weit mehr als den am Beispiel der Nyos-Tragödie gezeigten Weg, auf dem aus historischen Fakten im Lauf der Zeit Geschichten werden, abschließend mit dem Sahnehäubchen einer Moral dekoriert. Was man hier liest, ist nicht zuletzt ein hervorragend recherchiertes, erzählerisch brillantes Porträt Westkameruns, dessen Fokus auf den letzten 30 Jahren liegt.

Susanne Rikl, München