Zum Buch:
In der Reihe Burning Futures: On Ecologies of Existence lud das Berliner Theater Hebbel am Ufer 2019 unterschiedliche Stimmen des ökopolitischen Diskurses der Gegenwart ein, um politische Handlungsmacht und Handlungsweisen im Angesicht ökologischer wie ökonomischer Krisen zu diskutieren. Als einer der Höhepunkte der Veranstaltungsreihe ist mit Schöpfen und Erschöpfen das Gespräch der Transformationswissenschaftlerin und Mitbegründerin der Initiative Scientists for Future, Maja Göpel mit der marxistischen Sozialphilosophin Eva von Redecker über die Frage nach dem Verhältnis von Eigentumsform, Regeneration, Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit nun in Buchform erschienen. Der schmale Band gibt nicht nur einen kurzen Einblick in die Arbeit der beiden Wissenschaftlerinnen, die in den jeweils sehr erfolgreichen Bänden Unsere Welt anders denken (Göpel, Ullstein Verlag) und Revolution für das Leben (v. Redecker, S. Fischer) ausgeformt wurden, sondern stellt in seinen Fragen die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Ansätze gegenüber.
Für Eva von Redecker ist es einer der Schlüssel für eine aktive politische und theoretische Auseinandersetzung mit der Gegenwart, die Singularität und die sich daraus ergebende Veränderbarkeit des gesellschaftlichen Eigentumsbegriffs als absolute Sachherrschaft (die, kurz gesagt, impliziert, dass dem Recht durch Besitz das uneingeschränkte Recht zu Zerstören innewohnt) und die sich daran anschließende Aufmerksamkeit für die Wirkungsweise von Phantombesitz als Grundstein sexistischer und rassifizierender Hierarchisierung bewusst zu machen. Der Fokus dieses Gesprächs liegt weniger darauf, einen Einblick in die aktivistische Arbeit beider Frauen zu geben, als auf den theoretischen und wissenschaftlichen Arbeiten, die dieser zugrundliegt. Für Maja Göpel ist die Eröffnung einer ideengeschichtlichen Perspektive auf ihr Feld, der Ökonomie, entscheidend, einer Perspektive, die Geld in erster Linie als Sozialtechnologie erkennbar macht, sondern auch die Bedeutung von Fiktion und Narration in der Darstellung monetärer Größen und ökonomischer Zusammenhänge herausstellt. Beiden geht es um die Möglichkeit eines veränderten Blicks auf den Zusammenhang von ökonomischen und ökologischen Problematiken, der der erste Schritt zu ökopolitischer Veränderung sein könnte. Die Darstellungen sind an dieser Stelle alles andere als erschöpfend, zeigen aber auf, wie schnell auch bei einer grundsätzlichen Nähe der Position konkrete Differenzen aufscheinen: Ist Veränderung innerhalb der kapitalistischen Wirtschaft möglich, etwa durch die messbare und monetarisierbare Erfassung von Verschmutzung und der nötigen Regenerationszeit? Oder braucht es ein umfassenderes Umdenken? Zu einem der stärksten Punkte des Bandes zählt Eva von Redeckers Frage, wie sich dieses Umdenken nicht als Verlust denken lässt (der Verlust des Rechts, das Eigentum, das die allermeisten Menschen ohnehin nicht haben, zerstören und ausbeuten zu können), sondern als Rückgewinnung der gemeinschaftlichen Gestaltbarkeit unserer ökopolitischen Verhältnisse. Dass diese neue Lust am gesellschaftlichen Mitgestalten zutiefst mit einer wissenschaftlichen Klärung der ökonomisch-ökologischen Voraussetzung zusammenhängt, das zeigt diese Band auf beeindruckende Weise.
Theresa Mayer, Frankfurt