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Autor
Uhly, Steven

Death Valley

Untertitel
Roman
Beschreibung

Ein gewisser Steven Uhly (ja, er heißt so wie der Autor, aber ist er es?) muss nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter, die bei einem Reitunfall in einen Canyon im Death Valley gestürzt ist, nach Amerika, um sich um die Beerdigung zu kümmern. Dabei hatte er geschworen, nie einen Fuß auf amerikanischen Boden zu setzen, aber das zählt manchmal eben nicht. Einen kleinen Haken gibt es allerdings noch, denn die Mutter war nicht allein, sondern in Begleitung seines Stiefvaters, der bei dem Versuch, ihr zu helfen, ebenfalls in den Canyon stürzte. Und dieser Stiefvater hatte einen Sohn, Hans, der jetzt ebenfalls nach Las Vegas will, um den Vater zu begraben. Und dazu kommt die Frage der ungeregelten Erbschaft …
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
Secession Verlag Berlin, 2025
Format
Gebunden
Seiten
303 Seiten
ISBN/EAN
978-3-96639-126-9
Preis
22,00 EUR

Zur Autorin/Zum Autor:

Steven Uhly, Jahrgang ’64, hat in Köln, Bonn, Valencia, Paris, Lissabon, Belém do Pará und Porto Alegre gelebt und reist, seit er sich mit seiner Familie in München niedergelassen hat, durch die Geschichten, die er uns erzählt. Sein Erstling ‘Mein Leben in Aspik’ wurde 2010 von Florian Illies als ‘fulminantes Debut’ gefeiert. Sein zweiter Roman ‘Adams Fuge’ wurde 2011 mit dem Tukan-Preis der Stadt München ausgezeichnet. ‘Glückskind’ wurde 2012 erfolgreich von Michael Verhoeven verfilmt Für ‘Die Summe des Ganzen’ (2022) erhielt er den Hermann-Hesse-Förderpreis der Stadt Karlsruhe. Und was vielleicht am wichtigsten ist: Er hat eine treue Fangemeinde, die auf alles gefasst ist.

Zum Buch:

Ein gewisser Steven Uhly (ja, er heißt so wie der Autor, aber ist er es?) muss nach dem plötzlichen Tod seiner Mutter, die bei einem Reitunfall in einen Canyon im Death Valley gestürzt ist, nach Amerika, um sich um die Beerdigung zu kümmern. Dabei hatte er geschworen, nie einen Fuß auf amerikanischen Boden zu setzen, aber das zählt manchmal eben nicht. Und dann sind da auch noch die Träume, entstanden nicht nur durch frühe Karl-May-Lektüre, sondern auch durch Filme und Musik, also sollte man die Umstände zu einer Autotour von Las Vegas durch die Wüste nach Independence, wo die Leiche im Kühlfach liegt, nutzen. Einen kleinen Haken gibt es allerdings noch, denn die Mutter war nicht allein, sondern in Begleitung seines Stiefvaters, der bei dem Versuch, ihr zu helfen, ebenfalls in den Canyon stürzte. Und dieser Stiefvater hatte einen Sohn, Hans, der jetzt ebenfalls nach Las Vegas will, um den Vater zu begraben. Und dazu kommt die Frage der ungeregelten Erbschaft: Mutter und Stiefvater hatten ihr Haus in der Eifel mit wertvollen Antiquitäten ausgestattet, aber kein Testament gemacht. Das heißt: Wer zuerst kommt, kann ausräumen. Und zu guter Letzt hatte die Mutter in ihrer Jugend eine Bank ausgeraubt und Gold und Diamanten im Haus versteckt, wovon Hans allerdings nichts weiß und auch nichts wissen soll. Soweit die Ausgangskonstellation.

Und so folgen wir dem Protagonisten auf seinem ereignisreichen Flug, auf dem er Richie kennenlernt, der sich nach einiger Zeit als steinreicher Casino-Besitzer herausstellt und ihn (ganz Deutsch-Amerikaner) begeistert unter seine Fittiche nimmt und ihm einen Lamborghini Pick-up für die Reise zur Verfügung stellt. Eine wunderschöne Schwester hat er auch … Es wäre verlockend, diese Reise jetzt nachzuerzählen, denn es passiert viel, sehr viel sogar, und immer Unerwartetes. Aber lesen Sie das lieber selbst nach – der Autor kann das besser.

Denn es sind nicht nur all die vielen komischen, traurigen, skurrilen und absurden Einzelheiten dieses Road Movies (das nach einer Verfilmung geradezu schreit, am liebsten mit Bill Murray in der Hauptrolle), die Death Valley zu einer so fantastischen wie nachdenklichen Lektüre machen. Da ist vor allem die Persönlichkeit des Erzählers, die man durchaus als „multiple“ bezeichnen könnte. Denn in seinem Kopf wohnen viele Instanzen: ein Zensor, ein Berserker, ein Narziss, ein Beobachter etc., und sie alle machen dem Protagonisten das Leben schwer. Und da sind die vielen genauen, bitteren und durchaus auch bösartigen Beobachtungen im aktuellen Trumpschen Amerika, und der Ratschlag des Garagenwärters in Las Vegas, nie, unter keinen Umständen, über Politik zu reden, ist ein guter. Nur geht das leider eben nicht immer, wie es schließlich auch der eher braungefärbte Ossi-Stiefbruder und Trump-Fan Hans erleben muss, der umständehalber auf einem Teil der Strecke mitfahren muss. Dazu kommen eine wunderschöne, wenn auch kurze zärtliche Liebesgeschichte sowie Sehnsucht weckende Landschaftsbeschreibungen, spannende Ausflüge in die Literatur- und Popkulturgeschichte und am Schluss die obligatorische Überraschung. Was will man mehr?

Und noch ein Hinweis: Trotz der Namensgleichheit von Autor und Protagonist handelt es sich definitiv nicht um Autofiktion – schon allein deswegen nicht, weil der Verleger sie hasst, wie wir am Schluss erfahren –, sondern „wohl eher um Fiktion mit lauter Autos“, wie der Protagonist lakonisch sagt, und diese Begründung sticht allemal.

Irmgard Hölscher, Frankfurt a.M.