Zum Buch:
So viele Fakten über die unheilvollen Auswirkungen der kapitalistischen Wirtschaftsweise sind längst bekannt. Damit aus rationalem Wissen aber empfundene Erkenntnis wird, Fakten also vom Kopf in den Bauch und ins Herz rutschen – was wiederum zu größerer Veränderungsbereitschaft führen würde – braucht es offenbar mehr.
Der gerade im Ullstein Verlag erschienene Sammelband Unlearn CO2 vereint konstruktive Essays aus unterschiedlichsten Perspektiven zur aktuellen Gemengelage. „Mehr Wirtschaftswachstum heißt mehr Energieverbrauch heißt mehr CO2-Emissionen heißt mehr Klimakrise.“ So schlicht lässt sich z.B. laut Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert unser aktuelles, dysfunktionales System beschreiben. Schon Kindergartenkinder verstehen, dass das auf einem Planeten mit begrenzten Ressourcen kein zukunftsfähiges Modell sein kann.
Warum also zieht der Mensch daraus keine oder viel zu wenig Schlüsse und führt zügige Veränderungen im Klimaschutz, Verkehrswesen, bei der Wahl subventionswürdiger Formen von Landwirtschaft und Ernährung herbei? Ist es Überforderung, Lähmung aus Angst vor dem Weltuntergang oder der unerfüllbare Wunsch nach einem allwissenden, idealerweise männlichen Retter, der auf politischer Ebene immer mehr Wählende populistischen Versprechungen hinterherlaufen lässt?
Eine, die schon mit ihrem 2022 im Oekom Verlag erschienenen Buch Klima im Kopf aus psychologischer Sicht viel Erhellendes beigetragen hat, schreibt in ihrem Artikel in Unlearn CO2 gegen die Verdrängung an. Katharina van Bronswijk spricht über Klimaleugnung und Privilegienverlust, über Klimagefühle und Krisenmüdigkeit in einer Weise, dass die meisten von uns sich wiedererkennen dürften.
Insgesamt 17 AutorInnen aus den verschiedensten Disziplinen, unter ihnen Katja Diehl, Eckart von Hirschhausen und Özden Terli, liefern überzeugende Gründe und Argumente dafür, endlich ins Handeln zu kommen, so dass für Jede*n etwas gänzlich Neues dabei sein dürfte. In dieser Vielstimmigkeit liegt möglicherweise überhaupt die Lösung für die komplexen Probleme der Gegenwart. Ko-Kreativität als menschlicher Prozess der gemeinsamen Erschaffung von Neuem ist vermutlich einer der Schlüssel zu einer hoffentlich nahen Zukunft, in der die vielgestaltigen Herausforderungen endlich angenommen werden.
Larissa Siebicke, autorenbuchhandlung marx & co, Frankfurt