Zum Buch:
Im Sommer 1929 sterben in der Arbor Dance Hall einer Kleinstadt in den Ozarks von Missouri 42 Tänzer bei einer Explosion. Auch Ruby, Almas DeGeer Dunahews jüngere Schwester, ist unter den Tanzenden. Als die Nachforschungen eingestellt werden, beginnt Alma, sich auf eigene Faust umzuhören. Sie zahlt dafür einen hohen Preis. Erst ihr Enkel wird die Geschichte dieser Nachforschungen aufschreiben, die Geschichte ihres Lebens. Denn Alma kann nicht, will nicht und wird nie vergessen, was damals geschah.
Man kann sie sich unterschiedlicher nicht vorstellen: die hübsche, verführerische Ruby, die sich die von ihren Liebhabern geschenkten Hüte keck aufsetzt, die Beine übereinander schlägt und, auf einem Mäuerchen sitzend, an einer Zigarette zieht, und Alma, die ihr Leben lang als Hausmädchen gearbeitet hat, mit zwanzig schon geschwollene Knöchel an den Händen, drei Söhne, von denen ihr nur einer bleibt, einen Alkoholiker zum Mann. Und dann diese große Liebe, die die Schwestern verbindet, auch über Rubys Tod hinaus.
Glencross, der Bankier der Kleinstadt, Almas Arbeitgeber und Rubys Liebhaber, der Ruby schon vor ihrem Tod so schmerzlich vermisst, dass er angetrunken eine folgenschwere Dummheit begeht, vollendet die Trias der Hauptfiguren in diesem Roman. Eingestreut sind kurze Blicke auf andere Personen, die an dem Abend tanzend ihr Leben ließen, Porträts, die mit wenigen Strichen eindrucksvoll skizziert sind.
Woodrell hat für die Sprache dieses Romans eine ganz besondere Mischung aus Nüchternheit und Poesie gewählt, man meint, die Schwestern in diesem sich reibenden und gerade deshalb wunderbar ergänzenden Tonfall wieder zu entdecken. Manchmal kommt man dem Tempo des Erzählens kaum nach, manchmal scheint die Zeit still zu stehen. Momentaufnahmen der Erinnerung, so lebendig, als sei es erst gestern geschehen.
Susanne Rikl, München