Zum Buch:
Zwei der weltweit ältesten Städte sind der im Nordosten Syriens gelegene Siedlungshügel Tel Brak und die Stadt Uruk im heutigen Irak, nach der eine ganze prähistorische Epoche benannt worden ist und die bereits im Gilgamesch-Epos Erwähnung fand, der womöglich ältesten schriftlich festgehaltenen Dichtung. Erste Zeugnisse der Besiedlung dieser Städte wurden von Archäologen auf etwa 3500 v. Chr. datiert, doch neuere Forschungen lassen den Schluss zu, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit noch um ein Vielfaches älter sind.
Aber was mochte die Menschen des Holozäns überhaupt dazu bewogen haben, ihr bisheriges nomadisches Leben, das sich in erster Linie nach den jahreszeitbedingten Wanderungen der zu jagenden Tiere richtete, aufzugeben und sich dauerhaft niederzulassen?
Greg Woolf, der renommierte Professor für Alte und Antike Geschichte, stellt in seinem herausragenden Buch Metropolis die kühne Behauptung auf, Urbanismus sei zu keiner Zeit und an keinem Ort das Ergebnis eines langfristigen Plans gewesen.
Mehr noch: Einige Bevölkerungsgruppen, stellt er fest, entschieden sich mitunter sogar bewusst dagegen, Dörfer oder befestigte Siedlungen dauerhaft anzulegen, obschon sie Ackerbau und Viehzucht betrieben und ihren Göttern Denkmäler setzten. Doch im Verlauf der Geschichte verschwanden sie wieder, wurden verdrängt oder gingen in anderen Populationen auf.
War permanente Sesshaftigkeit, die so weitreichenden Folgen mit sich brachte wie beispielsweise die Vereinheitlichung einer Schriftsprache, also lediglich einem Zufall geschuldet?
Im antiken Mittelmeerraum, auf den Greg Woolf hier sein Hauptaugengenmerk legt, entstanden allenthalben zahlreiche Imperien – und fielen. Doch verschwanden ihre Städte nie wirklich, wovon bis heute unzählige Ausgrabungsstätten Zeugnis ablegen.
In seiner so umfangreichen wie tiefgreifenden Darstellung vom Aufstieg und Niedergang dieser Machtzentren hebt der Autor jedoch bewusst weniger einen architektonischen als vielmehr einen soziologischen Aspekt hervor, womit er uns das Leben und Handeln der Menschen jener Zeit spürbar näher bringt – und damit auch Rückschlüsse auf unsere heutige Zeit zulässt.
Ein erhellendes, aufschlussreiches und vor allem äußerst spannendes Buch, dessen Erzähler sein Handwerk versteht und zu keinem Zeitpunkt die Aufmerksamkeit des Lesers erlahmen lässt.
Axel Vits, Köln