Detail

Drucken

Oben in den Wäldern

Autor
Mason, Daniel

Oben in den Wäldern

Untertitel
Roman. Aus dem Englischen von Cornelius Hartz
Beschreibung

Ein junges Paar ist auf der Flucht aus einer der frühen puritanischen Siedlungen in Amerika. Ein Soldat, der im Unabhängigkeitskrieg auf der Seite des britischen Königs gekämpft hat, will nach der Heimkehr nur noch eines: Äpfel züchten. Im 19. Jahrhundert entdecken zwei befreundete Künstler – Maler und Schriftsteller – bei einem gemeinsamen Besuch ihrer Familien, dass sie mehr zueinander zieht als geistige Interessen … Alle Personen in dem neuen Roman von Daniel Mason Buch – und das sind viele – sind durch einen Ort verbunden: ein Haus in einem abgelegenen Tal in den Wäldern von Massachusetts. Der Text beginnt Mitte des 17. Jahrhunderts und folgt verschiedenen Personen zu unterschiedlichen Zeiten. Er verknüpft wechselnde Erzählstile zu einem dichten Netz, in dem man sich beim Lesen in Windeseile verfängt und das einen erst mit dem Ende – ein Zeitpunkt in der nahen Zukunft – wieder loslässt.
(ausführliche Besprechung unten)

Verlag
C.H.Beck, 2024
Seiten
429
Format
Gebunden
ISBN/EAN
978-3-406-81381-8
Preis
26,00 EUR
Status
lieferbar

Zur Autorin / Zum Autor:

Daniel Mason, 1976 geboren, ist Schriftsteller und Psychiater. Bei C.H.Beck sind seine Romane “Der Klavierstimmer Ihrer Majestät” (2020) und “Der Wintersoldat” (2019) lieferbar. 2021 war er Finalist für den Pulitzer-Preis. Cornelius Hartz lebt als freier Autor und Übersetzer in Hamburg. Er hat zahlreiche Romane und Sachbücher u.a. von Rye Curtis, Edward Carey, Erin Flanagan und Catherine Nixey übersetzt.

Zum Buch:

Dieser Roman ist wie eine der alten Wunderkammern. Er versammelt unterschiedlichste Textsorten, die Handlung spielt zu verschiedenen Zeiten und die handelnden Figuren sind höchst vielfältig. Hier ein paar kurze Bespiele:
Ein junges Paar ist auf der Flucht aus einer der frühen puritanischen Siedlungen in Nordamerika. Ein Soldat, der im Unabhängigkeitskrieg auf der Seite des britischen Königs gekämpft hat, will nach der Heimkehr nur noch eines – Äpfel züchten. Zwei befreundete Künstler – Maler und Schriftsteller – entdecken im 19. Jahrhundert bei einem gemeinsamen Besuch ihrer Familien, dass sie mehr zueinander zieht als geistige Interessen. Ein schizophrener junger Mann versucht in seinem Wahn, durch lange Wanderungen die Welt zu „reparieren,“ indem er sie mit seinen Schritten „zusammennäht“. Sein Psychiater dagegen würde gerne das neue „heilende“ Verfahren der Lobotomie an ihm erproben. Es gibt Pilze, deren Sporen die Wälder schädigen, sowie einen pheromongesteuerten Käfer auf der Suche nach einer Gefährtin. Ihre Nachkommen werden die Ulmenkrankheit weltweit verbreiten. Es gibt einen mysteriösen Berglöwen, den niemand je lebend gesehen hat und vor dem doch alle Angst haben. Und es gibt die Geister.

Die Zeitspanne, die der Roman umfasst, reicht von den frühen puritanischen Kolonien im 17. Jahrhundert in Nordamerika bis in die nahe Zukunft. Der Text versammelt Erzählungen, persönliche Berichte, einen Briefwechsel, Fallnotizen, den sensationslüsternen Text eines True Crime Schriftstellers; dazwischen eingestreut sind Balladen, Zeichnungen, Kalenderblätter, Fußnoten. Im Unterschied zu der oben erwähnten Wunderkammer gibt es aber eine geheime Ordnung in diesem Patchwork, denn alles, was geschieht, ist durch einen Ort verknüpft: ein Haus in einem abgelegenen Tal in den Wäldern von Massachusetts. Ein Ort, an dem alle Fäden zusammenlaufen und an den jeder, der dort war, gebunden bleibt, manche auch über den Tod hinaus.

Dieses Buch, in dem Vergangenheit und Gegenwart, Realismus und Mystizismus, Erzählungen von Mensch und Natur und deren Geschichte selbstverständlich ineinander übergehen, sprengt die Grenzen des Genres, aber was zu Beginn vielleicht unzusammenhängend und zusammengewürfelt wirken mag, entpuppt sich als ein großes Panorama des Wandels von Mensch und Natur und ihrer gegenseitigen Abhängigkeit.

Oben in den Wäldern ist eine gleichermaßen leichthändige wie tiefsinnige Lektüre. Das Buch ist witzig und tragisch, berührend und grausam – kurzum, ist wahrhaft große Erzählkunst, die höchst vergnüglich zu lesen ist.

Ruth Roebke, Frankfurt a.M.